„Terre des femmes“ startet eine Kampagne gegen Zwangsheirat.
Wie willst du einen Besseren finden, er arbeitet und kommt aus guter Familie, was willst du denn noch?“, redeten die Eltern von Behare, ein Kosovo-Albaner und eine Tunesierin, auf das junge Mädchen ein. Sie war 20, als sie zur Heirat mit einem Kosovaren gedrängt wurde. Obwohl Behare in Deutschland aufgewachsen ist, fügte sie sich den Traditionen ihrer Eltern. Widerwillig stimmte sie zuerst der Verlobung, dann der Hochzeit zu. Erst als es ihr psychisch immer schlechter ging, fand sie die Kraft, sich von ihrem Mann zu trennen. Elf Tage nach der standesamtlichen Hochzeit ging sie zu einer Rechtsanwältin und reichte die Scheidung ein.
Zwangsheirat ist ein Tabuthema. In vielen Orten auf der Welt werden Frauen gegen ihren Willen verheiratet (zB. in der Türkei, in Afghanistan, Burkina Faso, Nigeria usw.). Die Legitimation von Zwangsverheiratung wird oftmals in der Religion gesucht, obwohl alle Weltreligionen das Einverständnis beider Ehegatten voraussetzen. Ursachen sind vielmehr patriarchale Strukturen und Traditionen. „Zwangsverheiratung ist Vergewaltigung auf Lebensdauer“, so Serap Cileli, selbst Betroffene und Autorin des Buches „Wir sind Eure Töchter, nicht Eure Ehre“.
„Terre des femmes“, eine NGO die sich für die Menschenrechte der Frau einsetzt, startete am 25. November, dem Internationalen Tag „Nein zu Gewalt an Frauen“, eine einjährige Kampagne, um die Öffentlichkeit für dieses Thema zu sensibilisieren. Terre des femmes fordert eine Bestandsaufnahme der aktuellen Situation, mehr anonym zugängliche Schutzeinrichtungen und Frauenhäuser mit interkultureller Ausrichtung, die Schulung und Sensibilisierung öffentlicher Stellen (Jugendämter, Polizei, Schulen, Gerichte), verbesserte rechtliche Rahmenbedingungen (zum Beispiel die Gleichberechtigung vor Gericht von ausländischen Frauen bei Eheschließung und Scheidung) und eine Sprachkurspflicht für MigrantInnen zur Förderung der Integration. Die Kampagne wird in Deutschland, der Schweiz und in Südtirol durchgeführt.
Nicht alle Frauen kommen so glimpflich davon wie Behare. Das türkische Mädchen Elfesiye Ünal (19) trank Rattengift. Kadriye Yesilördek (13) brachte sich nach sechs Stunden um, nachdem sie mit einem 70-jährigen zwangsverheiratet wurde. Die Liste der jungen Mädchen, die den Freitod wählen anstatt zu heiraten, ist lang. Allein in Batman, im Südosten Anatoliens, starben im Jahr 2000 in vier Monaten 29 und in Mu¸s, in der Osttürkei, innerhalb von sechs Monaten 32 junge Frauen und Mädchen. Nach offiziellen Angaben sind 460.000 türkische Mädchen zwischen 12 und 15 Jahren bereits verheiratet. 250.000 Mädchen dieser Altersgruppe haben eigene Kinder. Im Osten und Südosten der Türkei werden 40 Prozent der jungen Mädchen unter 15 Jahren verheiratet. In den Städten sind es 13 Prozent.
Buchtipp:
Terre des femmes (Hrsg.):
Zwangsheirat – Lebenslänglich für die Ehre, ca. 80 Seiten, 7,90 2,
zu beziehen unter 0049/7071/7973-0,
E-Mail: islam@frauenrechte.de
Weiterführende Information:
www.womenswire.org,
www.frauenrechte.de,
www.unicef.org und www.amnesty.org
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